Aus dem Sanella-Album China Tibet Japan

=========================================

Seite 47

Aber er sagt nicht viel. Er scheint nicht ganz damit einverstanden zu sein, daß Tom mitfliegt. Zehn Minuten später liegt Peking unter ihnen, die herrliche unvergleichliche Stadt. Dann geht es auf Kurs Südwest: zur Rechten die Berge der Schanghai=Provinz mit der großen Mauer, links die große nordchinesische Ebene, unter ihnen die Peking-Hankau-Bahn, mit der Tom eigentlich fahren wollte, zum Treffen mit Wang.

.

Über den Lößgebieten

In Südschansi, im großen Knie des Gelben Flusses, haben die Berge ein ganz neues Gesicht. Auf ihren Hängen, manchmal auch über ihre Gipfel, hat sich Lößstaub abgelagert, der seit uralten Zeiten aus der Wüste Gobi hierher geweht worden ist. Die Lößdecke ist in Schansi und in Homan über hundert Meter dick. Tief haben sich Flüsse zwischen steile Lößwände eingenagt. So sehen die Lößgebiete zerrissen und zernarbt aus. Ihre Farbe ist gelblichbraun, wüstenhaft, aber Löß ist nicht unfruchtbar wie die Wüste. Lößboden kann außerordentlich fruchtbar sein, wenn er genügend bewässert wird. Überall sind terrassenartig angelegte grüne Felder. Für Tom ist es ein Rätsel, wie das Wasser auf die hohen Lößfelder kommt. Nach einer Stunde Fluges über die Lößgebiete hat er entdeckt, daß die Lößlandschaft zwei Gesichter hat. Schaut er senkrecht nach unten, so ist sie grün wie die Felder. Schaut er dagegen von der Seite gegen die steilen Terrassenhänge, so sieht er nur das gelbliche Braun. Dorrtsche, der Englisch sprechende Lama, freut sich, daß der Flug Tom ebensogut bekommt wie ihm selbst. Sie schauen zusammen aus dem Fenster. "Hier am Knie des Hwangho und seines Nebenflusses Weiho stand die Wiege der chinesischen Rasse. Hier im Löß haben schon vor 5000-6000 Jahren Chinesen gelebt und Ackerbau getrieben. Von hier haben sie sich über das ganze große Reich der Mitte ausgebreitet: bis in die Wüsten und Steppen im Norden und bis in den hinterindischen Dschungelwald im Süden. Nur die hohen Grenzberge Tibets im Westen haben den Chinesen Jahrtausende lang Halt geboten. Von daher kam der Buddhismus und Lamaismus zu ihnen."

.

Hwaschan, Sianfu, Szetschuan

Zu Ehren des Abtes, der hier zum erstenmal aus tiefer Versenkung erwacht, macht die Maschine eine Runde über dem 2200 Meter hohen Hwaschan, den dritten heiligen Berg der Buddhisten in China. Nun sind sie schon in der Provinz Schensi ("westlich vom Paß")! Wenige Minuten später heißt es Festhalten! Zwischenlandung in Sianfu! Daliegt sie schon unter ihnen, die Hauptstadt von Schensi, mitten in der großen Lößebene am Weifluß. "Sie war die Hauptstadt des ganzen Reiches von 200 vor bis 600 nach Christus." "Als die Kimbern und Teutonen gegen das Römische Reich vordrangen und die Hunnen in Europa einbrachen..." denkt Tom. Mauern und Türme von Sianfu sind gewaltiger als die von Peking. Aus der Höhe gesehen hat die ganze Stadt eine lößgelbe Farbe. - Auf dem Flugplatz wird die Maschine getankt. Während eines einfachen Reismahles im Flugplatzgebäude erzählt Dorrtsche, daß die Beamten des Kaisers früher .. . Tage gebrauchten, um mit einem Pekingkarren von Peking nach Sianfu zu reisen. Der Flug hat nur gut drei Stunden gedauert. In diesem Jahr soll auch die große Ostwestbahn fertiggestellt werden, die Sian mit Lantschau verbindet.

.

Dann wird man von der Küste bis an den Oberlauf des Hwangho mit der Eisenbahn fahren können. 1700 Kilometer, und "nur" fünfzig Stunden Fahrzeit! Weiter nach Südwesten! Die Maschine geht auf 4000 Meter Höhe. Der Tsinlingschan, eine Bergkette, die sich von Tibet bis in die chinesische Ebene hineinzieht, muß überwunden werden. An ihren nördlichen alpinen Gebirgshängen zieht sich die Lößdecke noch hoch hinauf. Die Südhänge sind lößfrei und bewaldet. In großer Höhe überfliegen sie die Stadt Hantschung am Oberlauf des Hanflusses. "Die Dschunken da unten fahren nach Hankau", sagt Dorrtsche, "Han=kau heißt Mündung des Han in den Jangtse." Wieder muß Tom an Wang denken; wie gerne würde er dabeigewesen sein. Unten glitzern wieder Reisfelder.

.

  Bildrückseite 68

  Bildrückseite69