Westafrika

Reiseberichte Westafrika

Aus dem Sanella-Album Afrika

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Gegen unendlich viel Sorgen, Nöte und Unbill muß Dr. Schweitzer immer wieder ankämpfen. Das ungesunde Klima, die äußerst primitiven Lebensbedingungen, Verwüstungen durch Tiere, Kriege und Unwetterkatastrophen fordern von diesem Mann und seinen Helfern ein aufopferndes Leben im Dienst der armen leidenden Menschen. Zwei Kriege bedrohten sein Lebenswerk. Aber über alle Zerstörungen der Kriege und der entfesselten Naturgewalten hinweg ragt sein Werk als ein schlichtes, aber gigantisches Mahnmal wahren Christentums.

ZU GAST BEIM SCHWARZEN KÖNIG MUA-MINGO

Aus der Ogoweniederung führte uns unser Weg wieder durch bergiges Gelände in den Raum von Kamerun und weiter zum Tschadsee. Wie es Bill zuwege gebracht hatte, ist mir noch heute ein Rätsel. Fest steht jedenfalls, daß wir zu Gast bei einem schwarzen König in Westafrika geladen waren. Wir hatten den Stammsitz des Königs bereits erreicht, und erwartungsvoll sahen wir dem nächsten Morgen entgegen. Die Sonne schien vom strahlend blauen Himmel auf den großen roten Freiplatz am jenseitigen Berghang, wo sich auch die Hallen des Königs und die Behausungen seines Gesindes befanden. Es schien ein Festtag auch für die Schwarzen zu werden, denn farbenfreudig gekleidet und froh bewegten sich die Eingeborenen, und der dumpfe Schall rhythmischer Paukenschläge drang von verschiedenen Seiten an unser Ohr. Gespannt und aufmerksam erwarteten wir den Moment, wo uns seine Exzellenz, der schwarze König, zur Audienz rufen würde. Dieser hatte es aber anscheinend gar nicht eilig. Erst gegen Mittag erschien eine schwarze Leibgarde, die uns zum König führen sollte. Von unserem Lagerplatz brauchten wir etwa eine halbe Stunde bis zur Residenz. Im sanften Abstieg führte der Pfad zum waldumstandenen Bach.

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Palast eines Negerfürsten mit Häuptling und Gefolge

Unser Besuch bei Mua-Mingoy einem schwarzen König in Westafrika, war sehr interessant. Ein richtiger König, der seine Untertanen zubeherrschen wußte. Als Bill und ich den großen Versammlungssaal betraten, empfing uns zur Begrüßung ohrenbetäubender Hörner- und Trommelklang. Hier wurde uns die ganze Prachtentfaltung eines Negerfürsten vor Augen geführt. Es war ein großartiges Erlebnis. Ich habe noch mehr darüber zu Berichten, im Album könnt ihr es nachlesen.

Album 080 Platz

Palast eines Negerfürsten mit Häuptling und Gefolge

Auf dieser Seite befindet sich der Teil Westafrika aus dem Sanella Album:

Afrika

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Dort ging es über eine aus tauähnlichen Lianen kunstvoll gespannte und geflochtene Brücke. Der Weg schlängelte sich weiter durch die verworrenen Dickichte der Niederungen und stieg auf der anderen Seite in mitten üppiger Pisangpflanzungen zu der großen Fläche des Freiplatzes an. Als wir uns diesem näherten, wurden die Trommeln gerührt. Die Leibgarde bahnte sich eine Gasse durch das zusammengelaufene Volk. Dann wurden wir in eine königliche Palasthalle geführt. Sie glich eher einem Schuppen als einem Palast und war an beiden Giebeln offen. Hunderte von Trabanten und Vornehmen in vollem Waffenschmuck füllten bereits den Raum und saßen genau ihrem Rang entsprechend auf Bänken. Der Thron des Königs war noch leer. In der Nähe hatte man Stühle für uns hingestellt, auf denen wir Platz nahmen. In der Halle wurde unter ohrenbetäubendem Lärm mit Kesselpauken und Hörnern Musik gemacht. Mit diesen "heiteren" Klängen versuchten sich die Versammelten die Zeit zu vertreiben. Es mochte wohl eine ganze Stunde gedauert haben, da kündigte sich das Nahen des Herrschers durch noch größeren Lärm, durch Hörnerklang, Trommelwirbel und Volksgeschrei an.

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Dann endlich schritt der lang erwartete König stolz und gravitätisch durch die Halle. Voran gingen Musikanten, die auf kunstvoll geschnittenen Elfenbeinhörnern bliesen oder plumpe, aus Eisenblech roh gehämmerte Glocken schwangen. Dem in Putz und Haltung wildromantisch bemalten Despoten folgte eine Schar seiner Lieblingsfrauen. "Seine Exzellenz" ging stolz an uns vorüber, würdigte uns noch keines Blickes und setzte sich dann auf den bereitgestellten Thron. Staunend betrachtete ich das ungewohnte Bild des Kannibalenkönigs, von dem man sich erzählte, daß er Menschenfleisch keineswegs verachtete. Er war von hoher Gestalt und von kräftigem Wuchs. Trotz seines nicht unschönen Aussehens wirkte er nicht sympathisch. In seinen Augen lauerte ein wildes Feuer, und um den Mund ging ein Zug, in dem Habsucht, Gewalttätigkeit und die Freude am Grausamen zum Ausdruck kamen. An Armen und Beinen, an Hals und Brust war er mit vielem fremdartig geformtem Schmuck mit Ringen und Ketten geradezu überladen. Auf seinem Kopf trug er einen imposanten Federhut. Dieser bestand aus einer schmalen Röhre von feinem Geflecht und war mit roten Papageienfedern und großen Federbüscheln geschmückt. Kaum hatte der König Platz genommen, da wurden ihm auch schon zur Rechten und Linken schöngeschnitzte Tische hingestellt. Darauf lagen, sorgfältig von Feigenrinde bedeckt, allerlei Naschereien. Von Zeit zu Zeit angelte er sich mit seinen schwarzen glänzenden Fingern einige besonders gute Bissen heraus. Die kunstvollen Flaschen aus porösem Ton, die Trinkwasser enthielten, ließ er dagegen unbeachtet. Das wilde Toben der Fanfaren verstummte sofort, als sich der König erhob. Wohlgefällig und von seiner Wichtigkeit überzeugt, stand er da und hielt eine lange Rede.

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Seine Untertanen folgten seinen Worten mit größter Aufmerksamkeit und brachen immer wieder in beifälliges Lärmen und Schreien aus. Bei seinen letzten Worten mußte er wohl auch von uns gesprochen haben, denn bald darauf waren wir Mittelpunkt des Interesses. Nachdem sich der König wieder gesetzt hatte, erhob sich Bill, um ihn zu begrüßen. Das ganze Theater hatte wohl wenig Eindruck auf ihn gemacht.

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Bild 081 Rückseite

Lianenbrücke in Kamerun

Mit Axt und Buschmesser allein kann man, den Urwald noch nicht bezwingen. Häufig sind auch Flüsse zu überqueren. Wo die Natur Hindernisse in den Weg legt, gibt sie auch die Mittel diese zu überwinden. Eine Lianenbrücke, wie sie im Bilde die Flußufer verbindet, zeugt von einer großen Geschicklichkeit ihrer Erbauer, die mit einfachem Material eine große Leistung vollbrachten. Auch unter den Naturvölkern gibt es ganze Kerle, die ihre Aufgaben sicher zu meistern wissen.

Album 081 Platz

Lianenbrücke in Kamerun

In Kamerun werden zur Überquerung der Ströme und Flüsse von den Eingeborenen sehr oft Lianenhängebrücken gebaut. Die Liane ist eine Kletterpflanze, die sich strangartig an Bäumen und Steinen emporwindet. Diese Stränge sind sehr widerstandsfähig und daher geeignet, ein festes Flechtwerk zu bilden. Andere zähe Sträucher und Knüppel geben der Naturbrücke Festigkeit und Halt.

Bild 082 Rückseite

Album 082 Platz

Musgudorf

Die Musgu sind ein Sudannegerstamm, der in Nordkamerun lebt. Sie betreiben Ackerbau und Viehzucht. Ihre verzierten Lehmhäuser haben eine zuckerhutähnliche Form; sie sehen mit ihren gekneteten Verzierungen kunstvoll und interessant aus.

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Schon nach wenigen Worten überreichte er dem schwarzen Herrscher, freundlich lächelnd, ein Koffergrammophon als Geschenk. Obgleich sich der König darüber sehr zu freuen schien, merkte ich doch, wie sehr er sich bezwang, dieser Freude Ausdruck zu geben. Mit einer gewissen Selbstverständlichkeit nahm er das Geschenk hoheitsvoll entgegen. Die Umstehenden allerdings platzten fast vor Neugierde, und schon nach den ersten Takten folgten sie begeistert der Musik. Wir waren nun offiziell begrüßt und als Gäste anerkannt. Dann begann mit vielen Unterhaltungen und Darbietungen das eigentliche Fest. Hornbläser mit imposanten großen Instrumenten bliesen, daß die Wände wackelten. Ein Bläser verstand es sogar, auf einem gewaltigen Horn aus Elfenbein so zart zu trillern, als würde er auf einer kunstvollen Flöte spielen. Spaßmacher und Sänger wechselten sich ab, und sogar ein richtiger Hofnarr trat in Erscheinung. Natürlich war auch dieses Fest von wilden Tänzen umrahmt. Zwischendurch wurden uns immer wieder gehäufte Breiklumpen aus Bananenmehl und Papioka, Früchten und Fleisch gereicht, und auch der Mimbo schien stärker gebraut als sonst. Ich konnte in diesem tollen Rummel nicht recht warm werden, doch Bill schien sich köstlich zu amüsieren. Erst zu später Stunde wurden wir von dem schwarzen Herrscher gnädig entlassen, und selbst dann brachte er in seinem ganzen Benehmen noch seine Würde und Stellung hoheitsvoll zum Ausdruck.

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ZAUBERER UND HEXENMEISTER

So ein Besuch am Hofe eines schwarzen Königs war einmal eine ganz nette Abwechslung. Doch nicht überall ist die Macht der Häuptlinge, Fürsten und Könige gleich groß. Bei einigen Stämmen findet man despotische Herrscher, anderswo wieder Gemeinschaften, die beinahe demokratisch regiert werden. Da aber, wo Gewalttätige an der Macht sind, beherrschen sie brutal ihre Untertanen. Diese Macht teilen sie höchstens noch mit dem Oganga, dem Zauberer, Hexenmeister, oder wie man sie sonst nennen mag. Alle unglücklichen Ereignisse, die sich diese einfachen Menschen nicht erklären können, schreiben sie Dämonen zu. Sie glauben sogar, daß diese bösen Geister in Menschen hineinfahren können. Nur so ist es zu erklären, daß immer wieder Sdnwarze als von Dämonen Besessene der blinden Wut des Volkes zum Opfer fallen. Bei allen Unglücksfällen wendet man sich an den priesterlichen Oganga, denn die Hauptaufgabe dieser Zauberer ist es, die Dämonen zu suchen, unschädlich zu machen oder ihre Hilfe zu erbitten.

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Die Mittel, die sie dabei gebrauchen, um die schuldigen Dämonen zu finden, sind oft sehr grausam. Schon manch einer, dem der Zauberer nicht wohlgesinnt war, mußte als ein von Dämonen Befallener furchtbar zugrunde gehen. Wir hatten selbst einmal nach dem plötzlichen Tode eines angesehenen Mannes erlebt, wie der angebliche Dämon gesucht wurde. Der Oganga war erschienen. Feierlich band er dem Toten eine Perlenschnur um die Stirn. Dann beugte er sich über ihn und lauschte seinen Worten. Man glaubte fest, daß der Oganga auch die Sprache der Toten verstehe und man dadurch von diesen selbst erfahren könne, wer sie getötet hatte. Nach diesem Zeremoniell wurde die Leiche in eine Hängematte gelegt und von An» gehörigen getragen. Mit viel Tamtam zog man im Dorf und in den anliegenden Ortschaften umher. Viele Neugierige folgten dieser Prozession. Auf einmal hielt die Kolonne vor einer Hütte. Der grausig vermummte Oganga beugte sich erneut über den Toten, stieß einen furchtbar gellenden Schrei aus und erklärte, der Tote habe ihm gesagt, daß hier der Mörder wohne. Was darauf folgte, war so furchtbar, daß wir es gar nicht richtig erfassen konnten. Kaum hatte der Zauberer das letzte Wort gesprochen, als die Eingeborenen auch schon wütend und brüllend in die bezeichnete Hütte stürzten.

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Bild 083 Rückseite

Töpferei in Kamerun

So alt wie die Menschheit, so alt ist die Kunst der Töpferei. Diese schwarze Frau aus Kamerun versteht es, schnell und mit geschickten Händen Behälter aus Lehm zu formen.

Album 083 Platz

Töpferei in Kamerun

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Dann hörte man Kreischen und Schreien, und nach wenigen Minuten zeugte nur noch ein furchtbar zugerichteter Leichnam und ein Haufen schwelender Asche der niedergebrannten Hütte von dem spukhaften Geschehen. Es war natürlich klar, daß diese Dämonenjagd nur zum Schein durchgeführt wurde und der Oganga auf diese Weise wieder einmal einen unliebsamen Menschen aus dem Wege geräumt hatte. Von einer anderen grausigen Form, den Schuldigen zu finden, dem Rotholz= und Ölordal, hatte ich euch ja schon bei der Gerichtssitzung der Lolo=Mongo erzählt. Dort mag es wohl so gewesen sein, daß derjenige, der den Oganga vorher am meisten bestochen hatte, den Becher mit dem geringsten und unschädlichsten Gift erhielt.

GEPEINIGTE DÄMONEN

Die Schwarzen versuchten sich auch noch auf andere Weise vor den bösen Geistern zu schützen. Monströse Figuren aus Holz oder Ton, sogenannte Fetische, wurden angebetet, und man erwartete Wunder von ihnen. Natürlich konnten sie diese so wirksamen Schutzpatrone nur gegen entsprechende Bezahlung beim Oganga erwerben. Viele dieser Figuren hatten am Leib ein Stück Spiegelglas. In diesem Spiegel wollte der Oganga geheimnisvolle Hinweise erkennen, die dem Besitzer Schutz boten. Für jede Art von Verbrechen und Unglücksfällen gab es eine besondere Art von Fetisch. Um diese Schutzgeister in besonderen Fällen zu äußerster Aktivität anzuspornen, wurden glühende Nägel in die Fetische geschlagen. Die Neger wollten dadurch die Dämonen mit rasender Wut gegen denjenigen erfüllen, um dessentwillen sie diese Pein erleiden mußten.

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Wir konnten uns selbst einmal davon überzeugen, daß ein Dieb zitternd vor Angst das gestohlene Gut zurückbrachte, als er nur davon hörte, daß der Bestohlene dem Fetisch einen Nagel einschlagen lassen wollte. So fest auch die Neger an die Zauberkraft ihrer Fetische glauben und soviel sie sich von ihren Ogangas gefallen lassen, so finden doch diese gewitzten Burschen auch Auswege. Der Schwarze, der eine Schlechtigkeit vorbereitet, versucht sich oft dadurch ein gutes Gewissen zu verschaffen, daß er sein Fetisch=Idol einfach vor Begehung der Tat vergräbt. Natürlich spielen auch Talisman und Amulett im Leben der Neger eine wichtige Rolle. Ihre Wirksamkeit ist selbstverständlich davon abhängig, wieviel der einzelne beim Oganga dafür zu zahlen bereit ist. Wenn die Zauberer Medizin machten, so war das immer eine aufregende Handlung, bei der es nie ohne großes Tamtam abging. Sie verhüllten ihren Körper mit Fellen von Tigern, Affen oder Wildkatzen, entstellten ihr Gesicht, ihre Arme und Brust mit bizarren Zeichen aus weißer Farbe und zogen sich schließlich in ihre Hütten zurück.

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Wenn sie dann diese wieder mit der geschaffenen Medizin verließen, begannen mit Tamtambegleitung, Geschrei und Händeklatschen jene sinnverwirrenden, rituellen, ekstatischen Tänze, von denen so viele Umstehende erfaßt wurden. Bewundert von einer stumpfsinnigen Masse, rasten die Besessenen dann mit stieren Augen und geöffnetem Munde, bald sich im Kreis drehend, bald den Oberkörper heftig vor= und rückwärts biegend, wie toll herum, bis sie ihre Sinne verloren und zusammenbrachen.

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Bild 084 Rückseite

Oganga bei der Dämonenpeinigung

Oganga heißen die Medizinmänner einiger Negerstämme am Kongo, die auf ihre Stammesangehörigen einen fast despotischen Einfluß ausüben. Um ihre enge Verbundenheit mit den großen Negergeistern herauszustellen, veranstalten sie oft geheimnisvollen Hokuspokus, Wir betrachteten' diese Art von Geisterbeschwörung immer mit größter Vorsicht aus der Ferne, Wir durften hierbei die Neger und ihren Oganga nicht stören, denn bis zur Besessenheit steigerten sich diese Beschwörungen, und wenn die Neger erst einmal in Ekstase geraten wären, wurden sie unberechenbar und gefährlich.

Album 084 Platz

Oganga bei der Dämonenpeinigung

Bild 085 Rückseite

Ritueller Tanz der Besessenen

Tam, tam - tam tam tam - ging es nun schon eine lange Zeit. Immer mehr steigerten sich die Eingeborenen in einen Sinnestaumel. Mit stieren Augen und weit aufgerissenen Mündern drehten sie sich im Kreise. Ihre Sprünge waren halsbrecherisch, aber immer wieder landeten sie auf den Füßen. Die Raserei steigerte sich zur Besessenheit und endete in völligem Zusammenbruch.

Album 085 Platz

Ritueller Tanz der Besessenen

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AN DER GOLDKOSTE

Die Fahrt vom Tschadsee führte uns am Hochland von Bauchi vorbei durch das Flußgebiet des Niger über die Bergketten von Oberguinea nach Akkra an der Goldküste. Diese Reise gab uns noch vielerlei Gelegenheit, die Betrachtungen über Könige, Häuptlinge und Medizinmänner fortzusetzen und zu vervollständigen. Der dauernde Klimawechsel, mal Feuchtsteppe, mal heiße Wüste, und immer wieder die stickige dumpfe Luft der Regenwälder hatte uns sehr angegriffen, und so wurde von uns die flache Lagunenküste bei Akkra mit ihrer frischeren atlantischen Luft (etwa um 25 Grad) besonders freudig begrüßt. Akkra ist die Hauptstadt der Goldküste, die ihren Namen von den Goldvorkommen in Küstennähe hat. Auch Manganerze und Diamanten sowie reiche Ernten von Palmfrüchten, Kakao, Kautschuk und Erdnüssen machen dieses Gebiet besonders wertvoll. Die Fanti, Aschanti und Ewe, die das Land bevölkern, sind fleißige Ackerbauer. Besonderen Spaß hatte ich, wenn ich ihnen bei der Palmfruchternte zusehen konnte.

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Es war eine tolle Sache, die schwarzen Kerle im wahrsten Sinne des Wortes auf die Palme steigen zu sehen. Einen vielleicht drei Meter langen Blattstengel legten sie zu einem steifen ovalen Rahmen zusammen, den sie mit einem leicht lösbaren Knoten schlossen. Dann schlüpften die Burschen in dieses Rahmenoval, und flink und gewandt stemmten sie sich ruckweise empor, wobei sie die früheren Blattansätze als Leitersprossen benutzten. Aus den Blätterkronen der schlanken hohen Palmen schlugen sie dann mit scharfen Buschmessern die schweren Fruchtbüschel ab. Die ganze Sache sah so einfach und schön aus, daß ich es mir nicht verkneifen. konnte, es auch einmal zu probieren. Bill lag am Ufer, blinzelte in die Sonne und verfolgte interessiert meine Bemühungen. Ein halbwüchsiger Aschanti half mir beim Umlegen der Schlinge. Dann begann ich meinen Aufstieg. Er unterschied sich aber von dem der Eingeborenen dadurch, daß ich nur langsam und mit sicher sehr komisch wirkenden Ruckbewegungen vorwärtskam.

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Unendlich hoch erschienen mir die Bäume, die oft eine Höhe bis zu 20 Metern erreichen. Die Hälfte mochte ich vielleicht hinter mir haben, als ich einen Moment verschnaufen mußte. Ich sah nach oben. Noch weit und entfernt, anscheinend unerreichbar, wirkte die Baumkrone. Dann wagte ich einen Blick nach unten - klein wirkte Bill, unser Jeep und der wartende Negerjunge. Hier oben, so allein zwischen Himmel und Erde, nur an einer Palmblattschlinge am Stamm hängend, war mir keineswegs ganz wohl. Gern wäre ich zurückgeklettert, aber ich wollte doch den beiden unten Wartenden beweisen, daß ich keine Bange hatte. So setzte ich keuchend und klopfenden Herzens meine Kletterpartie fort, Als ich dann aber oben wie ein Affe in den grünen Palmenwedeln saß, hatte ich einen herrlich schönen Ausblick auf die weite See. Trotzdem war ich wirklich froh, als ich wieder festen Boden unter den Füßen hatte. Stolz auf meine Leistung, versuchte ich Bill zu überreden, es auch einmal zu wagen. Doch dieser lachte nur, aalte sich wohlig im Sande und wollte nach den hinter uns liegenden Anstrengungen in seiner Ruhe nicht gestört werden.

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Bild 086 Rückseite

Neger bei der Palmkernernte

Ja, seht nur richtig hin, der wird wirklich gleich "auf der Palme" sein. Gewandt wie die Affen klettern die Eingeborenen geschickt und schnell auf die hohen schlanken Palmen. Ruck - zuck! - ein paar wuchtige kurze Schläge mit dem scharfen Messer, und schon fallen die schweren Früchte vom Baum.

Album 086 Platz

Neger bei der Palmkernernte

Nigeria ist eine britische Kolonie von rund 785000 qkm Fläche mit etwa 23 Millionen Einwohnern. Größte Flüsse sind Niger und Benu'e. Im feuchtheißen Küstengebiet befindet sich tropischer Urwald (Edelhölzer, Ölpalmen), im Norden ist Savannengebiet. In Nigeria leben als Großwild: Elefant, Antilope, Zebra, Löwe, Giraffe. Die Eingeborenen sind Sudanneger, im Norden Beduinen, Haussa und Fulbe. Im Süden befinden sich riesige Ölpalmenbestände, Steinkohlenbergwerke, Zinnerze und andere Bodenschätze. Hauptstadt: Lagos. Zur Erschließung des Landesinnern stehen etwa 10000 km Autostraßen und 5000 km Bahnen zur Verfügung.

Bild 087 Rückseite

Akkra, Brandungsboote an der Goldküste

Das war also die Goldküste. An der Westküste Afrikas gibt es nur wenige Naturhäfen, an der flachen Sandküste bricht sich die Atlantikdünung. Wie vor Akkra, dem großen Kakaohafen der Goldküste, müssen alle Frachtschiffe draußen im Meer ankern und durch Brandungsboote ent- und beladen werden; sie werden von geschickten Händen gelenkt. Jede Fahrt durch die donnernden Brecher ist ein Wagnis.

Album 087 Platz

Transportboote in der Brandung

Die Küste ist als Landeplatz für Schiffe sehr ungünstig, es herrscht eine gefährliche Brandung, die Kalema. Da Afrika allgemein schlechte natürliche Häfen hat, müssen die meisten Schiffe im freien Meer vor Anker gehen, und Transportboote stellen die Verbindung zwischen Schiff und Küste her.

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Mali

RÄUBERISCHE TUAREG

Nach den erholsamen Tagen an den Lagunen von Afrika fuhren wir nach Norden, vorbei an großen waldähnlichen Kakaopflanzungen, in denen auch Bananen= und Gummibäume wuchsen. So kamen wir in das Nigerbecken, einem wüsten Steppengebiet am Rande der großen Sahara. Timbuktu, der bedeutende Kreuzungspunkt alter Karawanenstraßen, war unser Ziel. Wir hatten schon viel von den hier wohnenden Berbern, den großen hellhäutigen Tuareg gehört. Zweierlei Auffassungen wurden dabei vertreten. Die einen meinten, daß die Tuareg räuberische, mißtrauisch=verschlagene, diebische Halunken seien, während die anderen von kühnen adeligen Rittergestalten, die noch im Glanze einer großen Vergangenheit lebten, sprachen. Bei unserer Fahrt durch sandige Hügel und Täler trafen wir eines Nachmittags am Steilabsturz eines Wadi auf eine Anzahl Kamele und ein Lager. Waren hier die gefürchteten Tuareg? Wir wußten es nicht. Bill konnte offensichtlich nur schwer einen Entschluß fassen. Doch im Lager hatte man uns schon bemerkt. Aus der bunten Gruppe von Menschen und Tieren kam ein Mann, anscheinend ein Führer, auf uns zu. Bald stand uns eine wahrhaft königliche Erscheinung, bekleidet mit einem weißen buntgestickten Mantel, gegenüber. Das stolze Haupt des Tuareg wurde von einem indigoblauen Tuch verhüllt. Wie ein Turban umgab es den Kopf und verdeckte zugleich die untere Hälfte des Gesichtes, so daß nur ein Teil der Nase und die Augen zu sehen waren.

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Dies war der Litham, der Gesichtsschleier der Tuareg, den nur die Männer tragen. Unter seinem Mantel lugte das lange Tuaregschwert hervor, dessen Scheide mit rotem und grünem Leder ein gefaßt war. Brand wechselte einige Worte mit dem Führer und ließ sich den Weg nach Timbuktu weisen. Daß dies sehr unklug war, sollte sich bald herausstellen. Inzwischen hatte ich Gelegenheit, das Zeltlager dieser Nomaden genauer zu betrachten. Ich entdeckte nur ein paar Männer, die sich vor den typischen, mit Decken und Lederfellen überzogenen Tuaregzelten aufhielten. Auch einige Frauen, die, unverschleiert, fast europäische Gesichter hatten, konnte ich sehen. Silberne Reifen und Ketten klingelten und klirrten an ihren Handgelenken und schmückten Hals und Haar. Kamele mit zusammengebundenen Vorderfüßen ruhten in der Nähe. Trotz des an und für sich ruhigen Bildes machte das Ganze jedoch keinen vertrauenerweckenden Eindruck. Auch die harten, mißtrauisch blickenden Augen der Männer und die Art, wie sie mit uns sprachen, waren so, daß wir erleichtert aufatmeten, als wir das Lager verließen. Nach etwa vier Stunden Fahrt machten wir halt, und im rotglühenden Licht der untergehenden Sonne schlugen wir unser Zelt für die Nachtruhe auf. Mitten im Schlaf weckte mich Brand, hielt mir jedoch gleichzeitig die Hand vor den Mund und deutete aufgeregt hinaus. Nachdem sich die Augen an die Dunkelheit gewöhnt hatten, entdeckte auch ich in der Ferne von allen Seiten näher kommende Gestalten. Blitzschnell erkannten wir, daß die Tuareg, die unseren Weg ja wußten, einen Überfall auf uns planten. Wir beide allein konnten gegen diese Übermacht natürlich nichts ausrichten, und so sprangen wir schnell, nur das notwendigste Gepäck an uns reißend, auf unseren Jeep.

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Überfall räuberischer Tuareg

Am Rande der Wüste leben zu können, bedeutet täglich um das Leben ringen müssen. Sehr oft kommt es zu harten Kämpfen unter den verschiedenen Stämmen. Verschlagenheit und Hinterlist werden der blanken Waffe zum Kampfgenossen und helfen den Sieg entscheiden.

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Überfall der räuberischen Tuareg Besuch von Timbuktu

Diese Stadt liegt in der Kolonie Sudan in Französisch=Westafrika, und zwar in der Nähe des Niger, dessen nördlichster Punkt hier in einem Flußknie erreicht wird. Die Umgebung Timbuktus hat Wüstencharakter. Sie ist Schnittpunkt alter Karawanenstraßen. Heute besitzt Timbuktu einen Flugplatz und moderne Funkanlagen. Trotzdem streifen wie in alten Zeiten die Tuareg durch die Wüste, und gelegentliche Überfälle sind nicht selten. Die Tuareg verwundern durch seltsame Gegensätze. Während sie im Norden mit den zivilisierten Arabern zusammentreffen, bei denen Vielweiberei herrscht, halten sie zur Einehe, und es gibt eine Tuaregdichtung, in welcher die Frauen besondere Verehrung genießen.

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Der Motor heulte auf, und mit einigen laut knallenden Fehlzündungen stoben wir durch die nun ihrerseits überraschten Angreifer. Es begann ein Wettrennen zwischen den Meharis, den schnellen Rennkamelen der Tuareg, und unserem braven Wagen. Doch bald gewannen wir Vorsprung. Wütend ballerten sie noch einige Schüsse hinter uns her. Dann waren wir außer Schußweite. Unser treuer Jeep ließ uns nicht im Stich. Wäre der Motor nicht sofort angesprungen, hätte dieser Überfall sicher keinen so glimpflichen Verlauf genommen. Nachdem die Nachtruhe unterbrochen worden war, fuhren wir weiter. Die Fahrt durch die nächtliche Steppe war keineswegs reizlos, wenn auch immer wieder Löcher und Steine unserem Wagen schwer zusetzten und wir mächtig durcheinandergerüttelt wurden. Als uns in den frühen Morgenstunden die Mauern der alten Karawanenstadt Timbuktu aufnahmen, fühlten wir uns nach der durchjagten Nacht müde und zerschlagen.

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Einen ganzen Tag legten wir uns aufs Ohr, um auszuruhen. Timbuktu, die alte Stadt am Rande der großen Wüste, zählte nur annähernd 6000 Einwohner. Trotzdem gab es dort einen Flughafen, und Bill hatte Gelegenheit, seine letzten Berichte durch Funk und Kabel aus Afrika über den großen Ozean nach Amerika zu senden.

GASTFREUNDLICHE BEDUINEN

Stunden um Stunden fuhren wir schon in südwestlicher Richtung durch die Dünen der Salzsteppe, und schon lange lagen die weißleuchtenden Mauern Timbuktus hinter uns. Bald erreichten wir ein kleines Beduinendorf. Es waren vielleicht zehn Zelte, die dort zusammenstanden. Aus einem größeren Zelt traten uns einige Männer entgegen. Wir stiegen aus unserem Wagen und entboten den Friedensgruß. Nach den Begrüßungsförmlichkeiten setzten wir uns zusammen auf Teppiche, die vor dem Zeltlager lagen.

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Wir machten kleine Gastgeschenke unter den üblichen Segens wünschen und bekamen dafür ebensolche in Form von Hühnern und Eiern. Gastfreundlich wurde uns dann dampfender Pfefferminztee, auf dem Mandelstückchen schwammen, gereicht. Bald war eine angeregte Unterhaltung im Gange. "Des Manne Glück sind Gäste", sagte ein würdiger Beduine, und dabei ließ er seine Gebetskette langsam durch die Finger gleiten. Nach einiger Zeit wurde eine große flache Schüssel mit Kusgus, heiße Hammelbrühe mit Gerstenbrei, vor uns hingestellt. Dann hockten wir uns gemeinsam, wir, die geehrten Gäste, der Hausherr und die Vornehmen, um die Riesenschüssel. Für die dortigen Begriff aß ich natürlich viel zu langsam und verbrannte mir auch gehörig die Finger und den Mund. Doch durch eifriges Rülpsen und Stöhnen konnte ich meine Anerkennung zum Ausdruck bringen und damit die vorherigen Verstöße gegen die Tischsitten wieder wett machen. Nach der Mahlzeit wurden die Hände mit Wasser überspült und am Zelttuch getrocknet.

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Kamelgruppe in der Sahara

Ein Ritt durch die Wüste ist beschwerlich für Mensch und Tier. Sengende Sonnenglut verursacht einen unerträglichen Durst. Sandstürme und räuberische Überfälle sind große Gefahren. Kommt eine Oase in Sicht, beschleunigen die Kamele ihre Schritte. Die Reiter atmen erleichtert auf, denn bald kann der Durst gestillt werden. Während der verdienten Ruhepause werden neue Kräfte für die weitere Wegstrecke gesammelt.

Album 089 Platz

Kamelgruppe in der Sahara Panorama mit Oase

Die Sahara ist die größte Wüste der Erde und füllt mit ihrer Fläche den größten Teil Nordafrikas. Das Gebiet umfaßt 8 Millionen qkm. Die Bevölkerung besteht zum größten Teil aus hamitischen Stämmen (Tuareg, Berber) und eingewanderten Arabern. Sie betreiben Kamel und Schafzucht. Durch die Sahara führen viele Karawanenwege. Der größte Teil der Sahara ist französisch, der Rest gehört zu Spanien, zu Ägypten, zum Anglo-Ägyptischen Sudan und zu Libyen.

. Liberia

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GEHEIME BÜNDE UND ORDEN

Als wir weiter in südwestlicher Richtung vordrangen und uns dem Gebiet von Sierra Leone und Liberia näherten, erreichten wir den Abschnitt eines Landes, der durch besonders krasse Formen von Mystizismus und Geheimbünden in aller Welt bekannt wurde. Der Poro, eine weitverbreitete, aber geheime Organisation der Schwarzen, ist seit Jahrhunderten ein bedeutender Machtfaktor. Tief im geheimnisvollen Busch versteckt, werden in besonders errichteten Lagern junge männliche Schwarze zusammengetrieben. Dort werden die Elf bis Fünfzehnjährigen unter ungewöhnlich harten und schmerzhaften Bedingungen zum Manne erzogen. Bald nach dem Eintritt ins Lager werden die Jungen gezeichnet. Der Neuling wird, über ein Kreuz gebeugt, an Händen und Füßen gefesselt. Mit oft mehr als hundert Stichen bekommt er das Zeichen der Poro mit scharfen Messern eingeschnitten. Damit die Schnitte sichtbar bleiben, reibt man Pflanzensäfte in die Wunden. Diese heilen dann unter Qualen zu großen Narbenmustern. Jahrelang dauert dann die weitere harte Ausbildung, bis später die mannbaren Knaben in besonders festlichen Riten ihren Stämmen wieder zugeführt werden. Ähnlich wie der Poro Bund bei den Männern, haben die geheimen Frauenbünde, sogenannte "Sande", die Erziehung der angehenden Frauen zur Aufgabe. Besonders gefährlich und gefürchtet aber sind die Geheimbünde der Panther-, Tiger- und Krokodilmenschen. Trotz schärfster Verfolgung von allen Regierungsseiten werden von diesen Bünden immer wieder geheimnisvolle rituelle Morde bekannt.

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LIBERIA- EIN PARADIES?

Bald hatten wir das Hinterland von Liberia erreicht. Von den bis zu 1000 Meter hohen Bergen neigte sich das Land terrassenförmig der Küste, dem weiten Meere, zu. Ein geradezu bezauberndes Bild paradiesischer Schönheit offenbarte sich uns. Elefanten, Antilopen, Büffel, Schweine, Affen, Riesenskorpione und Zwergflußpferde, gefährliche Reptilien und meterlange Riesenschlangen, Riesenschildkröten, Leoparden und Schimpansen gab es so zahlreich, daß sie eine wahre Landplage bildeten. Diese Tiere vernichten ganze Ernten. Die Früchte, die ich in Liberia aß, mundeten geradezu köstlich. Riesige Bananen, Melonen, Orangen, Ananas, Mangopflanzen und Avocados boten für Feinschmecker reiche Abwechslung. Auch das kleine Naturwunder der seltsamen Hibiskusblüte konnte ich in Liberia beobachten. Weiß strahlte sie in der Morgensonne, und in tiefes Rosa gefärbt, neigte sie sich in der Abenddämmerung. Die liebliche Mondblume aber blühte in der Nacht und schloß erst im Morgengrauen ihre Kelche. Orchideen, Poinsettia, Oleander, Alamander und Frangipanisträucher überboten sich in ihren berauschenden Düften.

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Auf den guten Straßen der weiten Kautschukpflanzungen konnten wir stundenlang gemütlich fahren, um dann plötzlich am Rande dieser Gebiete auf einem primitiven holperigen Lehmwege zu landen. So fuhren wir auch auf einer schlechten Straße, an einem schläfrigen Verkehrspolizisten vorbei, in das Zentrum der Hauptstadt von Liberia, Monrovia. Als wir die wilde Häufung primitiver Wellblechbaracken neben einigen ordentlichen Gebäuden entdeckten und nur zwei schlecht gepflasterte Straßen das Stadtbild zierten, waren wir tief erschüttert. Doch Monrovia hat - allerdings mit amerikanischem Geld gebaut - einen großen Flugplatz und einen ausgezeichneten modernen Hafen. Die Republik Liberia ist in ihrer ganzen Art ein Kuriosum. Sie wurde 1822 mit Hilfe der Vereinigten Staaten durch die befreiten amerikanischen Negersklaven gegründet. Heute wird sie von 15 000 amerikanischen Liberianern beherrscht, die als führende Schicht mit Verachtung auf die Eingeborenen herabsehen. Liberia ist ein traumhaft reiches Land. Eine beinahe unberührte Schatzkammer, gefüllt mit Gold, Diamanten, Perlen, reichen Eisenerzen und kostbaren Hölzern. Und doch - ist es ein Paradies?

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Volkstypen aus der Negerrepublik Liberia

Wie bunt durcheinandergewürfelt erscheint das Leben in der Negerrepublik Liberia. Hier ein Mann im schwarzen Frack mit giftgrünem Schlips, dort ein "würdiger" Beamter mit prächtigem Federhut und schillernder Goldschärpe. Daneben wieder ein Trommler in der Typisch bunten Kleidung. Alle Gegensätze scheinen hier aufeinanderzuprallen.

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Volkstypen aus der Negerrepublik Liberia

Liberia ist ein Negerfreistaat an der Westküste Afrikas. Er zählt 2,5 Millionen Einwohner auf rund 950000 qkm Fläche. Das Land ist überwiegend mit tropischem Regenwald bedeckt. Als Bodenschätze findet man Eisen, Kupfer, Zinn, Blei, Gold, Diamanten. Das Land befindet sich in großem wirtschaftlichem Aufschwung, es ist kaum ausgebeutet. So wurden u. a. wertvolle Kautsdmkplantagen angelegt. Wichtigste Handelshäfen sind die Hauptstadt Monrovia und Grand Bassa. Die Sklaverei wurde zwar in diesem Land abgeschafft, doch gibt es noch Zwangsarbeit. Liberia ist eine Republik, deren Verfassung aus dem fahre 1847 stammt.

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Teneriffa Madeira

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Die glücklichen Inseln

In Monrovia verluden wir unseren Jeep in einen Bananendampfer, der uns an der Westküste Nordafrikas entlang zu unserem nächsten Ziel, den Kanarischen Inseln, Madeira und dann nach Casablanca bringen sollte. Das Wetter war gut, und die Zeit verging wie im Fluge. Eines Tages zeichneten sich am Horizont kleine dunkle Streifen ab, die schnell größer wurden. Wir hatten die Kanarischen Inseln, die auch unter dem Namen "Die glücklichen Inseln" bekannt sind, erreicht. Auf Teneriffa thronte wie ein gewaltiger Gott der von schweren blaugrauen Wolken umgebene Pico de Teyde. In Santa Cruz de Tenerife gingen wir an Land, wo uns der ganze Zauber leuchtender Farben empfing. Vorbei an den gartenähnlichen in Terrassen aufgeteilten Feldern erstiegen wir eine romantisch gelegene Anhöhe, auf der kanarische Palmen, doppeltgefiederter Lavendel und Kakteen standen. Eine herrliche Stille umgab uns, und nur die Kanarienvögel, die hier ihre Heimat haben, rollten und zwitscherten. Am Fuße des Hanges lag das malerische Santa Cruz, umbrandet von den Wellen des Atlantischen Ozeans.

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Pico de Teyde auf Teneriffa

Pico de Teyde ist nicht etwa die hier reitende Insulanerin, sondern das im Hintergrund des Bildes sich in den Himmel reckende Vulkanmassiv wird so genannt. Pico de Teyde ist mit 3711 Metern der höchste Berg der kanarischen Insel Teneriffa.

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von Teneriffa

Teneriffa gehört zu Spanien. Es ist die größte und volkreichste der Kanarischen Inseln. Hier herrscht mildes Klima, und so ist die Insel ein großer idealer Kurort. Die Hauptstadt ist Santa Cruz de Tenerife. Sie hat 220000 Einwohner. Der Pico de Teyde (Vulkan) mit 3711 m Höhe ist die höchste Erhebung der Insel.

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MADEIRA-GARTEN IM MEER

Bald lagen auch die Kanaren, diese glücklichen Eilande, hinter uns, und unser Frachter steuerte auf Madeira zu. Mit großer Spannung und Neugierde erwartete ich diese Insel. Zu Hause hatte ich oft Zeitungsberichte über Madeira gelesen und auch schon einmal einen Reiseprospekt in der Hand gehabt. Die Bilder darin waren einfach märchenhaft. Es konnte sicher nur sehr wohlhabenden Leuten möglich sein, Madeira als Kur» und Erholungsort zu besuchen. Um so mehr freute ich mich, diese Insel ohne eigene Mittel erleben zu können. Als wir in Funchal, dem Hafen von Madeira, an Land gingen, befanden wir uns wirklich in einem "Garten im Meer". Ich wußte gar nicht, wohin ich zuerst sehen sollte, so schön war alles. Was des Menschen Herz begehrte, war hier vorhanden. Bizarre, gratige Felsen lagen, umtost von der Brandung, im blauleuchtenden Ozean. Wohin das Auge sah, erstreckten sich gepflegte Parkanlagen, Palmen und Eukalyptenhaine, und überall leuchteten die farbigen Tupfen blühender Mimosen, Rosen, Kallas und Magnolien. Wie verwunschene Schlösser standen prächtige Luxushotels im gleißenden Licht, der Sonne, und die kleinen sauberen Häuser der Einwohner klebten wie Schwalbennester an den Terrassen der Berghänge.

EINE SAUSENDE SCHLITTENFAHRT -DOCH OHNE SCHNEE

Ich dachte an meine Entbehrungen während der Reise durch Afrika. Darum wollte ich in diesem weltberühmten Kurort das Leben auch einmal von der anderen Seite kennenlernen. Bill und ich nahmen daher jede Gelegenheit wahr, uns zu belustigen. Wir ritten vergnügt auf Eseln in die Berge, fuhren mit Booten wie flinke

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Piraten in kleine felsige Schlupfwinkel am Meer, badeten nach Herzenslust und erfrischten uns in dem klaren spiegelnden Wasser. Wir konnten auch stundenlang am schönen Strand liegen und uns die Sonne behaglich auf den Bauch scheinen lassen. Als Bill hörte, daß Torte mit Schlagsahne zu meiner Leib und Magenspeise gehörte, neckte er mich oft damit, daß er ohne mein Wissen wahre Riesenportionen da» von auffahren ließ. Das war ein Leben. Eine ganz prima Sache waren auch die berühmten Schlittenfahrten auf Madeira. Wir saßen dabei auf altmodischen Polstersofas in buntbemalten kastenartigen Schlitten. Zwei Männer trieben die Ochsen an, die unser malerisches Gefährt die steinige Straße den Berg hinaufzogen. Dann wurden alle Vorbereitungen für die Schlittenfahrt ohne Schnee getroffen. Wenn die hölzernen Kufen auf das glatte schwärzliche Pflaster geschoben wurden, und die Schlitten durch eine farbenfrohe Landschaft in lustiger, sausender Talfahrt nach unten stoben, gab es einen Mordsspaß.

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Wasserkarren auf Teneriffa

Es gibt zwar eine große Anzahl von Brunnen, aber das meiste Wasser wird als Regenwasser

in Zisternen aufgefangen. Dort, wo es noch keine Wasserleitungen gibt, muß das kostbare Naß mit Wasserkarren verteilt werden. Sie sind aus den engen Straßen der Insel nicht wegzudenken. Mit vielem Geschrei wissen die Wasserhändler ihre Ware anzubieten.

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Wasserkarren auf Teneriffa

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Madeira, ,,Garten im Meer

Erst habe ich laut gelacht, als ich bei dem herrlichen Sonnenschein einen von Ochsen gezogenen Schlitten auf mich zukommen sah. Wo gibt es denn sonst noch im Sommer eine Schlittenfahrt? Bergauf werden diese Gefährte von Ochsen gezogen, die dann ausgespannt werden. Bergab lenken zwei geschickte Insulaner den Schlitten, der in halsbrecherischer Fahrt um die Ecken und Kurven schlittert. Mit einem Räderfahrzeug hätte ich diese rasende Talfahrt gar nicht lebend überstanden. Diese Art der Beförderung ist zwar ungewöhnlich, aber aufregend schön.

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Madeira, "Garten im Meer"

Madeira ist eine unter portugiesischer Hoheit stehende Insel im Atlantischen Ozean. Sie ist 783 qkm groß und von 250 000 Einwohnern bewohnt. Wegen des milden gleichmäßigen Klimas ist sie vielbesuchter Kurort. Die Landessprache ist Portugiesisch. Angebaut werden Wein, Zuckerrohr, Bananen, Ananas, Gemüse u. a. Hafen und Hauptstadt ist Funchal. In der Frauenwelt sind die weltberühmten Madeira-Stickereien sehr begehrt.

Marokko

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AUF ZUR LETZTEN ETAPPE

Aber auch diese schönen Ferientage gingen einmal zu Ende, und Madeira war ja doch nur eine Etappe der großen Reise. Unser Frachter hatte Ostkurs genommen, und in einer steifen Brise bahnte er sich seinen Weg durch die gurgelnden Wellen. Dann endlich kam der Augenblick, wo unser braver Jeep auf sein Element, die Erde, gesetzt wurde und wir in Casablanca wieder afrikanisches Festland betraten. Als wir von der Mole fuhren, trafen wir auf eine typisch marokkanische Musikantengruppe, die uns mit Quieken und Blasen willkommen hieß und dabei heftig mit den Augen rollte. Natürlich gab sie dieses Ständchen nicht, ohne uns um Münzen anzubetteln. In Casablanca, dem arabischen Dar=el=Beida, fiel uns besonders die krasse Scheidung der modernen Kolonialviertel von dem alten Stadtteil auf. Gerade noch fuhren klingelnde Straßenbahnen an uns vorüber und wir hatten vor europäisch anmutenden Schaufenstern gestanden, da befanden wir uns auch schon wenig später in einer völlig fremden Stadt, in der noch der ganze versponnene Reiz alter mohammedanischer Städte lebte.

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Dann starteten wir wieder in südlicher Richtung zur Fahrt in die Steppe. In der Nähe von Marrakesch, der südlichen Hauptstadt von Marokko, trafen wir auf Maultierkarawanen, die schwer beladen waren. In großen, grauen oder braunen Kapuzenmänteln, den sogenannten Dschellaba, schritten bärtige Bergberber nebenher. Sie wollten wohl die Holzkohle aus den Wäldern der Berge, die Erträge ihrer Gärten und Äcker, Geflügel und Eier zum Markt bringen. Als uns der Weg dann weiter durch reichbewässerte Oasen führte, wurde der Verkehr auf den Straßen immer lebhafter, und bald zeichneten sich die Konturen des Sultanspalastes, der Kasba und der Moscheen am Horizont ab. Marrakesch ist ein außerordentlich wichtiger Handelsplatz und militärischer Mittelpunkt des südlichen Marokko. Die Umrisse dieses Stadtbildes wirkten wie die Illustration eines orientalischen Märchens, doch als auch darüber die Propeller schwerer Flugmaschinen surrten, wußten wir, daß uns Marrakesch ein ähnliches Bild wie Casablanca bieten würde. Wir änderten in Marrakesch unsere Marschrichtung und fuhren nun nordostwärts. Jetzt mußte unser braver Jeep zeigen, was er zu schaffen vermochte. An den Westhängen des Atlas=Gebirges ging es über kahle Bergrücken an terrassenförmigen Steinhängen vorbei durch die flachen Geröllbetten fast ausgetrockneter Flüsse. Es ist still bei unserer Fahrt, und nur der emsig arbeitende Motor singt sein Lied. Als dann da und dort mächtige Steineichen mit ihren stechpalmenähnlichen Blättern, Oliven, Zedern und Haselnußbüsche auftauchen, wissen wir, daß es nicht mehr lange dauern kann, bis wir unseren letzten Stationspunkt erreichen.

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Immer fruchtbarer wird die Landschaft, und immer stärker wird der berauschende Duft von blühenden Kräutern. Schließlich roch es wie in einem Parfümladen. Die kleinen dornigen Zwergsträucher, wie Lavendel, Thymian, Rosmarin, sind die Spender dieser bekannten Wohlgerüche. Es machte mir viel Spaß, mich dadurch zu parfümieren, daß ich die Stengel der Pflanze brach und ihre Blätter zwischen den Fingern verrieb.

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Entladen des Jeeps im Hafen von Casablanca

Nach dem Besuch der Kanarischen Inseln und Madeira landeten wir wieder auf dem afrikanischen Festland in Casablanca. Es dauerte nicht lange - dann war auch unser treuer Jeep aus dem Schiff entladen. 

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Entladen des Jeeps im Hafen von Casablanca

Casablanca ist die größte Hafenstadt an der atlantischen Küste Französisch=Marokkos. Im großzügig angelegten Europäerviertel wohnen 56 000 Weiße, die Eingeborenenviertel werden von 110 000 Menschen bewohnt. Casablanca ist großer Phosphatausfuhrplatz.

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Marokkanische Musikanten

Das war ein fröhliches Willkommen in Marokko! Seht euch diese drei kräftigen Straßenmusikanten an, wie sie angestrengt blasen. Man sollte meinen, die Instrumente müßten platzen. Das ist eine ganz andere Musik als die im Inneren Afrikas. Eberhard Frank freut sich über dieses Motiv. Er meint, ein Schuß unbekümmerter Fröhlichkeit könnte seinem Film nichts schaden.

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Marokkanische Musikanten

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MITTELMEER

Schließlich dauerte es nicht mehr lange, bis wir Tanger, die nördlichste Hafenstadt Afrikas, erreicht hatten. Die Stadt am Meer, wuchs aus der zerklüfteten Steilküste heraus und bildet mit der gegenüberliegenden Bergfeste von Gibraltar das imponierende Tor zum Mittelmeer. Auch in Tanger konnten wir die uns schon bekannte Zweiteilung der Städte feststellen. Unser Interesse galt aber nicht dem neuen luxuriösen und modernen Tanger, sondern Medina, seiner alten Eingeborenenstadt. Wir stiegen in einem Hotel der Altstadt ab. Die letzten Tage unseres Aufenthaltes in Afrika nutzten wir zu wiederholten sehr interessanten und aufschlußreichen Stadtbummeln. Mit Bill zusammen schlenderte ich durch die schmalen, oft dunklen Gassen, die rechts und links dicht mit Läden besetzt waren. Da gab es die Straßen der Metallarbeiter und Kupferschmiede, die wir gern bei ihrem Handwerk beobachteten. Die Männer hockten über ihre Arbeit gebeugt und hämmerten und klopften emsig drauflos.

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Dort wurde aus einem Stück Kupferblech eine kunstvolle Schale getrieben, an anderer Stelle wieder wurden Ornamente und Arabesken in schimmernde Messinggeräte graviert. Der beizende Geruch der Holzkohlenfeuer und des glühenden Metalls lag in der Luft. Sehr gern sahen wir auch den Juwelieren bei ihrer stillen Arbeit zu. Jungen bedienten die winzigen Blasebälge und entfachten kleine, rote, züngelnde Flammen. Aus winzigen Tiegeln rann das flüssige Edelmetall in die kunsthandwerklich hergestellten Formen. Silberne und goldene Drähte wurden gezogen, in Formen gebogen und kunstvoll verschlungen. Ringe, Armreifen, Gehänge, Halsketten und gefahrenbannende, mit Edelsteinen verzierte Amulette häuften sich zu funkelnder Pracht. So könnte ich euch noch die Straße der Lederarbeiter, der Töpfer, der Weber usw. beschreiben, doch ich will nicht vergessen, auch weniger schöne Situationen zu schildern. Wir sahen auf dem Markte die Stände der Schlachter. Blauschwarze Hammelköpfe, deren Zungen zwischen den bleckenden Zähnen hingen, waren oft schwarz von Fliegen, die sich in summenden Schwärmen erhoben, wenn man zu nahe trat.

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Auch die bunten Stände, mit orientalischen Süßigkeiten gefüllt, waren stets so sehr von Fliegen umschwärmt, daß man die roten und weißen, mit Mandeln gefüllten und aus zähem Honig gefertigten Näschereien kaum sehen konnte. Morgens, wenn die Kuppeln und weißen Dächer vom ersten funkelnden Licht getroffen wurden, weckte uns das langgezogene melodiöse Rufen des Muezzin. Wenn wir aus dem Fenster sahen, konnten wir ihn auf dem in der Nähe befindlichen Minarett stehen sehen. Nach den Vorschriften des Koran ruft er, die Hände an die Ohren gelegt, fünfmal am Tage in alle vier Himmelsrichtungen den Gebetsruf: "Kommt zum Gebet! Kommt zum Glück! Kommt zum Heil!" Durch diese gläubigen Weckrufe angeregt, hatten wir den Wunsch, uns einmal eine Moschee näher anzusehen. Still lag sie in der heißen Mittagssonne, und nur ein blinder Bettler stand zerlumpt in einer Ecke neben dem Heiligtum. Vorsichtig versuchten wir die Stufen zu erklimmen, um einen Blick ins Innere zu tun.

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Juwelier bei der Arbeit

Gern sah ich den Juwelieren bei ihrer Arbeit zu. Silberne und goldene Drähte wurden gezogen, in Formen gebogen und kunstvoll verschlungen. Ringe, Armreifen, Gehänge, Hals­ketten und gefahrenbannende Amulette entstanden unter ihren geschickten Händen.

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Juwelier bei der Arbeit

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Altes Stadttor in Tanger

Aus der zerklüfteten Steilküste Nordafrikas ragt Tanger mächtig und schön in den immer blauen Himmel. Das "Alte Stadttor von Tanger" bildet den Zugang zur Medina, der alten Eingeborenenstadt. Weiß leuchten die Mauern, und über den flachen Dächern der kubischen Häuser ragen die schlanken buntgekachelten Minarette der Moscheen. Neben dem alten liegt das "neue" Tanger mit seinen vielen Luxushotels und modernen Bauten.

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Altes Stadttor in Tanger

Tanger ist ein autonomes Gebiet in Marokko, am Westeingang der Straße von Gibraltar gelegen. Es gilt als neutrale Zone. Als Hafenstadt ist Tanger ein bedeutender Handelsplatz. Es hat 80 000 Einwohner. Seit 1912 steht Tanger unter der gemeinsamen Verwaltung von England, Frankreich, Spanien und (seit 1928) Italien.

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Doch kaum waren wir wenige Schritte gegangen, trat uns ein würdiger bärtiger Mann entgegen. Es war der Moscheediener, stolz wie ein direkter Abkomme des Propheten. Ruhig, aber scharf und abweisend sagte er uns, daß der Eintritt in die Moschee jedem Rumi, das bedeutet Ungläubigen, verwehrt sei. Doch Bill wollte sich nicht bluffen lassen und bot ein hohes Trinkgeld an. Aber ohne ein Wort wendete sich der Moslem mit verächtlichem Blick ab und spie, um seine ganze Verachtung gegenüber den Ungläubigen zu zeigen, auf die Straße.

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FANTASIA

Unsere Reise "Mit dem Jeep durchs dunkle Afrika" ging nun allmählich ihrem Ende entgegen. Von Amdullah, unserem mohammedanischen Hoteldiener, erfuhren wir, daß eine große Fantasia in den nächsten Tagen am Rande der Stadt veranstaltet werden sollte. Wir freuten uns sehr, noch vor unserem Abschied an einem so großen Fest der Nordafrikaner teilnehmen zu können. Den Anlaß zu diesem bildete der Empfang eines hohen Gastes bei einem Fürsten. In diesem sogenannten "lab=el=barud" oder "Pulverspielen" kommt die ungezügelte Leidenschaft der Berbervölker zum Ausdruck. Als der lang ersehnte Tag herangekommen war, folgten wir einem Schwarm lebhaft gestikulierender Eingeborener. Wir merkten schon an der allgemeinen Aufregung, daß uns wirklich etwas Besonderes bevorstehen mußte. Bald befanden wir uns vor den Mauern der Stadt. Viele Menschen waren hierhergekommen. Angelockt von einer wilden erregenden Melodie fanden wir bald eine Gruppe von Musikanten, die mit Ballen und Fingern ihre Trommeln und riesigen Tamtams bearbeiteten. Dazwischen quiekten die eigenartig heiseren Töne der arabischen Flöte.

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DIE WILDEN REITERSPIELE

Eine reichliche Stunde mochte vergangen sein, da ertönte überlaute Musik von Blechinstrumenten. In die Menschen kam Bewegung. Sofort bildete sich eine breite Gasse, und ehrerbietig trat alles zurück. Dann erschien eine Anzahl eingeborener Soldaten zu Pferde. Ihnen folgten auf prächtigen Apfelschimmeln der Fürst und seine Gäste. Die leuchtenden Seidengewänder und kostbaren Burnusse der Vornehmen wetteiferten mit den blinkenden Waffen und dem glitzernden Sattelschmuck ihrer edlen Pferde. Während des Einmarsches der Gäste hatten hinten bei den Zelten eine Anzahl Beduinen Aufstellung genommen. Plötzlich bebte die Erde, und es erdröhnte der Boden. Eine Gruppe von Beduinen sprengte mit ihren prächtigen Pferden in weiten flatternden Mänteln und mit wehenden Kleidern heran. Nur in den Bügeln standen sie, und buntgesticktes und geziertes Zaumzeug und farbige wertvolle Schabracken leuchteten auf. Schon war die wilde Schar heran, und laut schreiend schwangen sie hoch über den Häuptern die langen Flinten. Bis zur Ekstase hatte sich die Musik gesteigert. Als die galoppierenden Reiter die Höhe der Edlen, die unbeweglich und stolz auf ihren Pferden saßen, erreicht hatten, rissen sie wie auf ein Kommando die Flinten zu gleicher Zeit hoch und schössen dann plötzlich auf den Boden herab. Rotgelbe Feuerstrahlen flammten auf.  

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Stadtbild im Atlas

Draußen in den Bergen des Atlas ragten hohe Bauten fremd und unwirklich wie aus einer anderen Welt aus der einsamen felsigen Landschaft. Unwahrscheinlich klein kamen wir uns vor, als wir an den gewaltigen roten Stadtmauern mit ihren Zinnen und hohen Toren vorüberzogen.

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Stadtbild im Atlas

Das Atlasgebirge gibt den Städten ein eigenes Gepräge. Sie sind meistens stufenförmig und den Bodenverhältnissen entsprechend gebaut.

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Märchenerzähler

"Es war einmal -", so beginnen alle Märchen. Auch im Orient ist es so. Märchenerzähler, Menschen wie aus "Tausendundeiner Nacht" sitzen in Marokko in Häuserwinkeln oder auf freien Plätzen und unterhalten jung und alt. Genau wie bei uns die Märchen einen tiefen Sinn haben, genau so sind die Erzählungen dieser Alten von Weisheit und Erkenntnis erfüllt.

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Märchenerzähler

"Tausendundeine Nacht" ist für uns wohl die schönste Sammlung arabischer Märchen. Während wir sie in Büchern lesen, hören die Kinder in Nordafrika sie auf der Straße vom Märchenerzähler, der dazu noch Bilder zeigt, die er auf der Erde neben sich liegen hat. In den Familien der Märchenerzähler, die eine Art Beruf daraus machen, werden die Märchen von den Alten auf die lugend weitervererbt.

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Der gelbe trockene Sand spritzte vor unseren Füßen auf, und aus den Schwaden von Pulverdampf und Staub glühten die begeisterten Gesichter und blitzenden Augen der Reiter. Kurz darauf sprengte noch einmal, und noch einmal die wilde Jagd heran und das Spiel wiederholte sich. Dann zeigten einzelne Beduinen Kunststücke, wie z. B. Zielschießen vom galoppierenden Pferd. Die Sicherheit und Gewandtheit dieser Reiter war erstaunlich. Während sie sich an Wildheit zu überbieten suchten, wurden sie durch die gellenden Freudentriller der Frauen, die mit glänzenden Augen dem erregenden Spiel folgten, immer wieder angespornt. Nach dieser Vorstellung traten zwei Neger vor. Auch sie hielten lange Flinten in den Händen. Sie schritten und sprangen nach den Takten der Musik tanzend aufeinander zu. Sofort hatte sich ein Kreis um die Tänzer gebildet. Dann knieten die Schwarzen gleichzeitig nieder, sprangen auf, legten ihre langen Flinten aufeinander an, federten wieder zurück, rissen die Gewehre hoch über den Kopf und feuerten sie zu gleicher Zeit auf den Boden ab.

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Sie waren mit Begeisterung dabei. Weiß leuchteten ihre Zähne in den dunklen schweißtriefenden Gesichtern. Der Witz in diesem Spiel bestand darin, daß die Tänzer ihre Gewehre gleichzeitig abschießen mußten. Wenn einer zu früh oder zu spät feuerte, gab es Spott und Gelächter. Nach Beendigung der Spiele zogen die Vornehmen mit ihren Truppen in die Stadt zurück. Bill versuchte den Sinn dieser Pulverspiele zu erforschen. Er glaubte eine Erklärung darin zu finden, daß die früher räuberischen Beduinen in diesem lab=el=barud einen harmlosen Ausgleich suchten. In den Bergen des Atlas wie in den Städten und Steppen bilden diese Spiele die Höhepunkte verschiedener festlicher Anlässe. In diesen Pulverspielen kann man deutlich den kühnen, leidenschaftlichen und kriegerischen Charakter dieser Stämme erkennen. Diese imponierende Fantasia kam uns vor wie ein großes Abschiedsfest unserer erlebnisreichen und interessanten Fahrt durch Afrika. Bei diesem Spiel grüßten uns noch einmal die Vornehmheit und Würde, die Schönheit und der Glanz, die Kühnheit und Wildheit der nordafrikanischen Landschaft. Die beiden dunkelhäutigen Tänzer waren gleichsam die Vertreter des schwarzen Afrikas, das uns damit den letzten Gruß entbot.

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ABSCHIED VON AFRIKA

Einen schöneren Abschied hätte es für uns nicht geben können. Die Stunde der Trennung rückte immer näher. Bill hatte sich eine Schiffskarte nach Amerika und für mich eine nach Deutschland beschafft. Bis zuletzt erinnerten wir uns an gemeinsame Erlebnisse und immer wieder hieß es "Weißt du noch - damals?" Mein Schiff fuhr einen Tag eher. Als ich dann an der Reeling stand und Bill mir noch einmal herzlich die Hand drückte, spürten wir erst, wie schwer uns der Abschied wurde. Bill sagte mir noch: "Du mußt einmal zu mir herüber in unser schönes Amerika kommen!" Dann heulten die Schiffssirenen auf, der Dampfer legte ab, und im brodelnden Kielwasser blieb "mein erlebnisreiches Afrika" zurück.

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Fantasia

Staubwolken wirbelten auf, als uns die gewandten Beduinen auf ihren prächtigen Pferden das Reiterspiel "Fantasia" vorführten. Von ihren wild galoppierenden Pferden herunter schössen sie auf die aufgestellten Ziele, die sie auch bei schnellstem Vorbeidonnern sicher zutreffen wußten. Donnerwetter - die Kerls konnten reiten und schießen!

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Fantasia

sind wilde Reiterspiele, die man in Nordafrika antrifft. Ihr Prunk' und Maskenaufzug ist außergewöhnlich schön und in seiner Farbenpracht einmalig.