Aus dem Sanella-Album China Tibet Japan

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Thermometer unter 22° Celsius. Auch auf die Gefahr hin, einen Sonnenstich oder einen Herzschlag zu bekommen, stürzt Tom sich in die blauen Fluten. Der Sandstrand ist heiß wie ein Backofen, und das warme Wasser erscheint ihm kühl. Wang bleibt im Schatten einer Bambushütte sitzen und bewacht die Kleider. Tom schwimmt auf eine Dschunke zu und hat sie fast erreicht, als ein stechender Schmerz seinen Leib lähmt. Eine Qualle? Er möchte schreien. Aber er beißt die Zähne zusammen und dreht bei. Mit letzter Kraft kommt er zum Ufer zurück. Er legt sich neben Wang in den Schatten. Seine Ohren sausen, vor seinen Augen wird es schwarz... "Tom!!" ruft Wang, aber Tom antwortet nicht mehr. Als Tom wieder zu sich kommt, ist es fast schon drei Uhr nachmittags. Dunkle Wolken haben den Himmel bezogen. Ein chinesischer Arzt mit heißen Handtüchern und rosa Pillen steht bei ihm. Und viele chinesische Kinder. Es ist höchste Zeit für den Dampfer. Tom hat nur einen Wunsch: eine Flasche Coca=Cola zu trinken. So kommt er auch noch in das Hotel, das aussieht wie ein Märchenschloß.

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Mit einem "Apfelsinendampfer"

Nachdem Tom und Wang ihr Zimmer bezahlt haben, zählen sie ihr Geld. Es reicht noch für ein Telegramm nach Schanghai. ANKOMMEN FREITAG MIT SUIVO. Tom bezahlt mit seinem letzten Hongkong-Dollar. 10 Cents bekommt er noch zurück. Die reichen gerade für das Boot, mit dem sie sich an die "Suiwo" rudern lassen müssen, nicht aber für eine Rikscha. Gut, daß der Weg die Peddarstraße hinunter zum Blake Pier nur kurz ist. Mit ihrem Gepäck schwitzen sie wie die halbnackten Träger= und Rikschakulis. An der Landungsbrücke schaukeln Dutzende von kleinen Ruderbooten, die auf chinesisch Sampans heißen. Aus jedem schreit ihnen ein Sampanmann oder eine Sampanfrau entgegen. "Master, Master, nehmt mein Boot - nur 20 Cents!" ruft der eine. "Master, Master, nur neunzehn Cents!" ein , anderer und "Master, nur siebzehn Cents!" ein dritter. - Wang verhandelt mit dem, der seine Dienste für 17 Cents angeboten hat. Aber sie steigen in sein Boot erst ein, als er mit 10 Cents Fährgeld einverstanden ist.

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Der Sampanmann kennt die Namen und Liegeplätze all der großen und kleinen Dampfer im Hafen. "Suiwo ... Ankertonne Nr. 27", sagt er. Dann wriggt er los. Schade, die "Elbestrand" liegt am andern Ende des Hafens. Jeder Dampfer ist von einem Schwarm von Dschunken und Frachtkähnen umringt, die ihm seine Ladung abnehmen oder zubringen. An den hochaufragenden Bordwänden der "Suiwo" ist die Ebbeströmung ungeheuer stark. Der Sampanmann muß alle Kraft aufbieten, sein Boot an dem Fallreep so lange festzuhalten, bis Tom und Wang überspringen können. Als sie mit ihrem Gepäck die schwankende Treppe emporsteigen, werden sie von oben jubelnd begrüßt. Fünfzig Köpfe gucken über die Reling und schreien ihnen "Come on, boys!" entgegen. Tom und Wang sind einigermaßen verwundert. Aber bald wissen sie, warum die fünfzig Jungen an Bord sind. Neben einer Ladung von Stückgut und Apfelsinen für nordchinesische und japanische Häfen soll der Frachter "Suiwo" diese Jungen der Viktoria=Heimschule nach Japan bringen. Sie wollen dem heißen und schwülen Hongkongsommer entgehen und reisen zu einem Ferienaufenthalt in die kühleren Berge Japans. Die Sommerferien dauern in Hongkong länger als drei Monate. Da lohnt sich schon eine Ferienreise über 1300 Seemeilen. Außer den Jungen und ihren beiden Heimleitern ist kein erwachsener Passagier an Bord. Sie haben alle Kajüten für sich. Tom und Wang sind mit ihrer Kabine nicht ganz zufrieden. Es ist die letzte an dem Backbordkorridor unter Deck. Durch die Nähe der Maschine wird es dort noch heißer sein als in allen anderen Kabinen. Die Schutzventilatoren laufen erst, wenn das Schiff Fahrt macht. Bis zur Abfahrt sehen sie an Deck zu, wie das Schiff beladen wird. An jedem Mast sind zwei Ladebäume wie schräg hochstehende Äste beweglich angebracht.

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